„Raum neu denken – warum Agilität das Fundament moderner Raumlösungen ist“
Ein Gespräch mit Armin Burri, Geschäftsführer von Orgatent AG, Raumstratege und Kandidat Executive MBA an der Hochschule Luzern, Schweiz.
Was passiert, wenn Raum nicht länger als starre Hülle gedacht wird, sondern als strategische Ressource? Armin Burri, Executive MBA Kandidat an der Hochschule Luzern (HSLU), plädiert für einen radikalen Perspektivwechsel im Umgang mit Raum. Im Gespräch mit RÖDER erklärt er, warum agile Raumgestaltung zur Schlüsselkompetenz für Unternehmen, Städte und Institutionen wird – und welche Rolle temporäre und modulare Strukturen dabei spielen.
Armin, wenn Raum eine Ressource ist – wie verändert das unseren Blick auf Gebäude, Büros oder Veranstaltungsflächen ganz grundsätzlich?
Armin: Raum wird heute nicht mehr nur als physische Hülle verstanden, sondern als strategische Ressource, ähnlich wie Kapital, Zeit oder Talente. Das bedeutet: Raum muss sich anpassen können, an neue Arbeitsmodelle, an volatile Märkte, an veränderte Nutzerbedürfnisse. Wenn Unternehmen, Städte oder Veranstalter starre Strukturen haben, verlieren sie Handlungsspielraum. Gerade in Industrie und Logistik, wo Produktions- und Lagerflächen oft unter hohem Zeitdruck entstehen müssen, bieten modulare Raumlösungen entscheidende Flexibilität.Wer Raum hingegen als bewegliche Infrastruktur begreift, schafft sich einen echten Flexibilitätsvorteil, sei es im Innovationsprozess, in der Flächenbewirtschaftung oder im Krisenmanagement.
Statt “Beton für die Ewigkeit” denken wir heute modular und temporär. Was müssen Architekten und Bauherren künftig über Agilität im Raum lernen?
Armin: Agilität bedeutet nicht Chaos, sondern gezielte Anpassungsfähigkeit. Das beginnt bereits in der Konzeptionsphase. Statt 30 Jahre in die Zukunft zu planen, sollte man sich fragen, ob ein Raum in 3 Jahren noch den gleichen Zweck erfüllt. Bauherren und Architekt: innen müssen deshalb lernen, Räume iterativ zu denken und Infrastruktur so zu gestalten, dass sie sich mit möglichst wenig Aufwand umbauen, erweitern oder rückbauen lässt. Temporäre Lösungen, etwa modulare Hallen, bieten genau das: planbare Investitionen, schnelle Reaktionsfähigkeit und eine Architektur, die sich den Nutzern anpasst und nicht umgekehrt.
Wie beeinflussen hybride Arbeitsformen und New Work Ihre Überlegungen zur Raumnutzung? Welche Rolle spielen temporäre Räume dabei als „atmende Infrastruktur“?
Armin: Hybrides Arbeiten schafft variable Präsenz und damit variable Flächenbedarfe, mal zu viel Raum, mal zu wenig. Klassische Raumkonzepte sind dieser Dynamik nicht gewachsen. Temporäre Räume können hier als „atmende Infrastruktur“ fungieren. Sie lassen sich kurzfristig aufbauen, anpassen oder rückbauen. Z. B. bei temporären Projekten, Events oder saisonalen Peaks. In Kombination mit flexibler Möblierung und digitalen Tools entstehen so Umgebungen, die nicht nur effizient, sondern auch menschenzentriert sind. Das ist gelebte Agilität. Für industrielle Anwendungen wie Produktionsspitzen oder saisonale Logistikanforderungen sind solche modularen Raumlösungen besonders wertvoll.
Wenn Sie eine Stadt der Zukunft bauen dürften: Welche Rolle spielen temporäre Raumlösungen – und würden sie überhaupt noch “feste” Gebäude vorsehen?
Armin: Die Stadt der Zukunft wird nicht in Beton gegossen, sondern in Varianten gedacht. Temporäre Raumlösungen ermöglichen urbane Resilienz. Sei es für Notunterkünfte, Bildung, Gesundheit oder Mobilität. Sie können Flächen aktivieren, wo feste Strukturen (noch) nicht sinnvoll oder genehmigungsfähig sind. Natürlich wird es weiterhin permanente Gebäude geben aber sie werden durch modulare Ergänzungen ergänzt, erweitert oder auch entlastet. Besonders in urbanen Logistik-Hubs oder bei kurzfristigem Flächenbedarf in der Industrie bieten modulare Raumlösungen eine skalierbare Alternative zu konventionellen Bauten. So entsteht ein urbanes Gefüge, das auf Veränderungen reagiert statt zu erstarren. Und ganz nebenbei: Wer temporär denkt, denkt automatisch ressourcenschonend, das passt perfekt zu ESG und Kreislaufwirtschaft.
Du sprichst davon, Raumgestaltung müsse „beweglich“ werden. Was könnten Unternehmen heute tun, um morgen nicht an starren Strukturen zu scheitern?
Armin: Unternehmen sollten heute damit beginnen, ihre Flächenstrategie wie ein Portfolio zu betrachten. Welche Räume sind fix, welche variabel? Was lässt sich temporär organisieren? Und wie flexibel sind unsere Verträge, Infrastrukturen und Prozesse wirklich? Wer frühzeitig mit modularen Raumlösungen plant, wie z. B. durch skalierbare Hallen oder temporäre Erweiterungsflächen, sichert sich operative Resilienz. Die besten Raumlösungen entstehen dort, wo Architektur, Betrieb und Strategie Hand in Hand gehen.
Danke, Armin.